Die Entscheidung, den Spielbetrieb nicht zu unterbrechen, ist für mich und uns absolut unverständlich und nicht nachvollziehbar. Die Corona-Zahlen steigen seit Tagen sprunghaft an, viele Kreise befinden sich jenseits des Inzidenz-Wertes von 50, manchen sogar über 100.
Trotzdem hält man daran fest, die Saison unbeirrt fortzuführen, man sieht nur „seinen Auftrag, den Spielbetrieb zu organisieren und sicherstellen“ und scheint dabei nicht zu beachten, was dies für einzelnen Spieler, Verantwortliche und deren Umfeld konkret bedeutet. Dies können wir aus eigener Erfahrung berichten.
Im Hunsrück rund um Morbach (und auch in Teilen der Mosel) ist mittlerweile fast jedes Dorf mit Corona-Fällen betroffen, vom Abteilungsleiter, über den Außendienst-Mitarbeiter bis hin zum Handwerker, und zwar durch ein „diffuses Infektionsgeschehen“ wie es Landrat Gregor Eibes schreibt, also ohne den einen Hotspot oder den einen Super-Spreader. So wurden auch Spieler unserer Mannschaft ohne vorsätzliches oder schuldhaftes Verhalten mit COVID 19 infiziert ohne es zu wissen. Sämtliche Hygienemaßnahmen wurden eingehalten, trotzdem hat sich ein Spieler auf dem Training und ein weiterer auf einer Vorstandssitzung angesteckt. Die Folge: sämtliche Spieler unserer Mannschaft sowie sämtliche Vorstandsmitglieder befinden sich nach Anweisung des Gesundheitsamtes seit fast zwei Wochen in Quarantäne. Alle bangten seit ihrem Test vier Tage bis zum Bekanntwerden der Testergebnisse in Sorge um die Ansteckung ihrer Frauen (zwei Frauen unserer Spieler sind derzeit schwanger), Kinder und Eltern, bzw. Schwiegereltern. Bei vielen war das Testergebnis negativ, bei zwei anderen leider nicht, diese könnten nun weitere Menschen angesteckt haben, die nun wiederum auf ihre Testergebnisse warten und sich (zum Teil erneut) in Quarantäne befinden.
Morgen Abend dürfen die meisten unserer Spieler nach knapp zwei Wochen erstmals wieder raus, und da kann ich es absolut nachvollziehen, dass deren erster Weg nicht gleich wieder auf den Sportplatz ist zum Training und zum Spiel, sondern dass sie denken, der eigene Schutz und der meiner engsten Angehörigen und Familien, für die ich Verantwortung trage, geht jetzt erst einmal vor. Und das kann ich total nachvollziehen! Einige werden jetzt erst einmal gar nichts mehr unternehmen, sondern versuchen sich bei den immer weiter steigenden Zahlen zu schützen.
Ganz unabhängig davon, wie auch die Arbeitgeber und Firmen reagieren, die mittlerweile nun auch die ersten Corona-Fälle haben, trotzdem sie selbst eine Menge investiert und organisiert haben, um die Hygienemaßnahmen einzuhalten, die Mitarbeiter zu schützen und eine Ansteckung zu verhindern.
Auf unsere Betroffenen mussten die Firmen jetzt erst einmal knapp zwei Wochen verzichten – wie mögen die Arbeitgeber wohl reagieren, wenn es heißt: ich bin wieder Verdachtsfall, mögliche Ansteckung kommt aus dem Fußball-Umfeld, ich muss wieder in Quarantäne…??? Und das ist bei den immer weiter steigenden Zahlen ja nicht mehr so unwahrscheinlich, es muss ja nur der eine Mitspieler sein, das reicht bereits aus für die Quarantäne…
Uns ist es viel zu einfach, sich einfach auf die Politik zu berufen, die sollen die Regeln machen, und wir folgen denen, wir kümmern uns, dass der Spielbetrieb weiterläuft. Hier wäre aus unserer Sicht, gerade in der aktuell so brisanten Situation, mehr Weitsicht und Eigenverantwortung eines unabhängigen Verbandes gefragt gewesen, als sich nur auf die Politik zu berufen und zu sagen, wenn nichts verboten ist, weiterspielen!
Ich kann verstehen, wenn unsere Spieler, mit denen ich in den letzten Tagen häufig in Kontakt stand und deren Gedanken und Hintergründe ich kenne, nun sagen, ich setze jetzt erstmal aus, Fußball ist nicht das Wichtigste, eine erneute Quarantäne und die damit verbundene Ungewissheit will ich vermeiden, für mich, meine Familie und auch gegenüber meinem Arbeitgeber. Ganz nebenbei folgen sie damit letztlich auch dem Rat unserer Kanzlerin, die dazu aufgerufen hat, möglichst zu Hause zu bleiben und unnötige Reisen und Kontakte zu vermeiden.
Daher wäre eine geordnete Unterbrechung der laufenden Spielrunde (die bei den aktuellen Infektionszahlen in den nächsten 2-3 Woche sowieso kommen wird) der richtigere Weg gewesen und man hätte die Saison im Frühjahr, wenn man das Infektionsgeschehen mit den zahlreichen Maßnahmen, die man nun überall einleitet, wieder einigermaßen im Griff hat, fortsetzen können. Jedenfalls wesentlich besser, als nun wöchentlich auf die Spielabsagen von einzelnen Mannschaften zu warten (diese Möglichkeit wurde ja nun eingeräumt), denen das Ganze zu riskant geworden ist und deren Priorität Nr. 1 nicht das nächste Kreisklassenspiel ist, obwohl wir alle diesem Sport sehr verbunden sind.
Mit besten Grüßen
Achim Welgen
(Vorstand SG Baldenau)